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25.08.2020

Globale Klimamodellierung Hoch entwickelte Klimamodelle versuchen, das Klima so realitätsnah wie möglich abzubilden und Aussagen über seine künftigen Veränderungen zu machen.

Modellierung anthropogener und natürlicher Klimavariationen

Das Klima und seine zeitliche Entwicklung werden von einer Reihe natürlicher und anthropogen verursachter Einflussfaktoren gesteuert, wie z.B. der Zunahme der Konzentrationen von Treibhausgasen und ozonzerstörender Substanzen, der natürlichen Variabilität der Sonneneinstrahlung oder von sporadische Vulkaneruptionen.

Eine Projektion der zukünftigen Klimaentwicklung und ein Verständnis der involvierten Mechanismen erfordern Simulationen mit globalen Klimamodellen, die möglichst alle relevanten Prozesse beinhalten. Die Arbeitsgruppe „Atmosphärendynamik mit Schwerpunkt Mittlere Atmosphäre“ der Freien Universtität Berlin verwendet das Klima-Chemiemodell (CCM) ECHAM/MESSy Atmosphere Chemistry (EMAC) Modell, um insbesondere die klimarelevanten Prozesse in der Stratosphäre, wie die Änderungen der Ozonschicht oder die Auswirkungen von Schwankungen der Sonnenaktivität, auf das Klima und Wetter in der darunter liegenden Troposphäre zu untersuchen.

"EMAC basiert auf dem ECHAM5-Klimamodell (Roeckner et al., 2006) und wurde am Max-Planck-Institut für Chemie mit dem "Modular Earth Submodel System (MESSy, Jöckel et al., 2005, 2006) gekoppelt. MESSy stellt eine standardisierte Schnittstelle zur modularen Erweiterung des Modellsystems dar und umfasst Submodelle, z.B. für die Berücksichtigung atmosphärenchemischer Prozesse (Sander et al., 2005). EMAC wird am FUB Institut für Meteorologie mit einer Auflösung von 47 Schichten bis in 80 km Höhe und mit hoch auflösendem, solarem Strahlungsschema (Kunze et al., 2014) eingesetzt.

Beispiel: Zukünftige Entwicklung der Ozonschicht

Nach Inkrafttreten des Montrealer Protokolls zur Regulierung Ozon zerstörender Chlor- und Bromsubstanzen Ende der 1980er Jahre zeigen Messungen einen Abbau des stratosphärischen Gesamtchlorgehaltes und eine langsame Zunahme des Ozons.

Klimamodelle mit interaktiver Ozonchemie sagen eine Rückkehr des Totalozons im globalen Jahresmittel zu Werten des Jahres 1980 für die Mitte des 21. Jahrhunderts voraus, während der 1980er Bezugswert über der Antarktis erst ungefähr 10 Jahre später erreicht wird, immer vorausgesetzt, dass sich die Staatengemeinschaft an die Vorgaben des Montrealer Protokolls hält (Abb. 1). Im globalen Mittel wird sich der Totalozongehalt ungefähr zur gleichen Zeit auf seinen 1980er Wert erholen wie das Äquivalente Effektive Stratosphärische Chlor (EESC), das eine Maßzahl für den gesamten Gehalt an Halogenen in der Stratosphäre ist. Die Geschwindigkeit der Ozonerholung ist jedoch regional unterschiedlich, da sie außer von EESC auch noch von anderen Faktoren beeinflusst wird.

Abb. 1, (Figure ES-1 aus WMO, 2019): Zeitliche Entwicklung von: (a) CFC-11 äquivalenten Emissionen, (b) äquivalentem effektivem stratosphärischen Ozon (EESC), (c) globalem Totalozon und (d) antarktischem Totalozon. Historische Emissionen wurden aus gemessenen atmosphärischen Konzentrationen individueller Ozon zerstörender Substanzen (ODSs) bestimmt. Die Zukunftsprojektionen gehen von einer vollständigen Befolgung des Montrealer Protokolls aus. Die jährlichen Mengen an EESC, gezeigt für die antarktische Stratosphäre, basieren auf der Menge chlor- und bromhaltiger Substanzen an der Erdoberfläche (b). Globales Totalozon repräsentiert das Mittel von 60°N bis 60°S geogr. Breite (c) und antarktisches Totalozon das Mittel von 60°S bis 80°S (d). Die Abbildungen (c) und (d) beinhalten einen Vergleich mit Klima-Chemiemodellergebnissen (schwarze Linien mit grauer Schattierung für Unsicherheitsbereiche) und verfügbare Beobachtungen (Datenpunkte). Die Modellprojektionen für die Zukunft setzen eine Befolgung des Montrealer Protokolls und eine Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen nach dem RCP-6.0 Szenario voraus. Die Linien mit Pfeilen geben an, wann CFC-11 äquivalente Emissionen (a), EESC (b) und die Ozonmenge (c und d) voraussichtlich wieder ihre Werte von 1980 erreichen. (nach WMO, 2018)

Abb. 1, (Figure ES-1 aus WMO, 2019): Zeitliche Entwicklung von: (a) CFC-11 äquivalenten Emissionen, (b) äquivalentem effektivem stratosphärischen Ozon (EESC), (c) globalem Totalozon und (d) antarktischem Totalozon. Historische Emissionen wurden aus gemessenen atmosphärischen Konzentrationen individueller Ozon zerstörender Substanzen (ODSs) bestimmt. Die Zukunftsprojektionen gehen von einer vollständigen Befolgung des Montrealer Protokolls aus. Die jährlichen Mengen an EESC, gezeigt für die antarktische Stratosphäre, basieren auf der Menge chlor- und bromhaltiger Substanzen an der Erdoberfläche (b). Globales Totalozon repräsentiert das Mittel von 60°N bis 60°S geogr. Breite (c) und antarktisches Totalozon das Mittel von 60°S bis 80°S (d). Die Abbildungen (c) und (d) beinhalten einen Vergleich mit Klima-Chemiemodellergebnissen (schwarze Linien mit grauer Schattierung für Unsicherheitsbereiche) und verfügbare Beobachtungen (Datenpunkte). Die Modellprojektionen für die Zukunft setzen eine Befolgung des Montrealer Protokolls und eine Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen nach dem RCP-6.0 Szenario voraus. Die Linien mit Pfeilen geben an, wann CFC-11 äquivalente Emissionen (a), EESC (b) und die Ozonmenge (c und d) voraussichtlich wieder ihre Werte von 1980 erreichen. (nach WMO, 2018)

Beispiel: Dynamische Kopplung zwischen Stratosphäre und Troposphäre

Statistische Analysen langjähriger Beobachtungszeitreihen sowie Modellsimulationen zeigen, dass während des Nordwinters eine hohe Korrelation zwischen der Stärke des stratosphärischen Polarwirbels und troposphärischen Variabilitätsmustern, wie dem Northern Annular Mode (NAM) oder der Nordatlantikoszillation (NAO) existiert.

Die unten stehende Abbildung 2 (nach Baldwin and Dunkerton, 2001) zeigt am Beispiel einer Simulation des EMAC Modells für 1960-2005, wie sich Anomalien des NAM-Index nach besonders schwachen oder starken stratosphärischen Polarwirbeln langsam in die Troposphäre ausbreiten, wo sie z.B. bis zu zwei Monate nach Eintreten von stratosphärischen Schwachwirbelereignissen das troposphärische Wetter beeinflussen können.

Abb.2

Abb.2

Abb.2: Kompositplots des zeitlichen und vertikalen Verlaufs des Northern Annular Modes aus der EMAC-FUB Simulation für 35 Ereignisse mit schwachem (oben) und 57 Ereignisse mit starkem (unten) Polarwirbel. Die farbigen Abstufungen entsprechen einem Intervall von 0,25, die weißen Konturlinien entsprechen 0,5 (normierter Index). Die horizontale Linie zeigt den Übergang der Stratosphäre zur Troposphäre.

Abb.2: Kompositplots des zeitlichen und vertikalen Verlaufs des Northern Annular Modes aus der EMAC-FUB Simulation für 35 Ereignisse mit schwachem (oben) und 57 Ereignisse mit starkem (unten) Polarwirbel. Die farbigen Abstufungen entsprechen einem Intervall von 0,25, die weißen Konturlinien entsprechen 0,5 (normierter Index). Die horizontale Linie zeigt den Übergang der Stratosphäre zur Troposphäre.

Beispiel: Das dekadische Sonnensignal in der Troposphäre

Die markanten Muster natürlicher atmosphärischer Klimavariabilität, wie der Northern und Southern Annular Mode (NAM, SAM), zeigen eine deutliche Reaktion auf den 11-jährigen Aktivitätszyklus der Sonne.

Starke und statistisch signifikante positive NAM Anomalien der geopotentiellen Höhe treten im Früh- und Mittwinter der Nordhemisphäre in der Stratosphäre auf. Dieses NAM-Muster mit positiven Anomalien im Höhenfeld über dem atlantisch-europäischen und dem Asien-Pazifik Sektor in mittleren Breiten und negativen Anomalien in Polnähe pflanzt sich im Februar bis in die untere Troposphäre fort.

Damit verbunden sind eine polwärtige Verschiebung des troposphärischen Jetstreams und eine signifikante Erwärmung über dem europäischen und asiatischen Kontinent bis zu 1-1,5 K vom solaren Minimum zum Maximum.

Abb.3: Oben

Abb.3: Oben

Abb. 3: Das Signal des 11-jährigen Sonnenzyklus für Februar in der geopotentiellen Höhe (in m pro 100 Einheiten des solaren Flusses der Wellenlänge 10,7 cm (auch F10,7 cm Radiofluss genannt) von 20°N bis 90°N in 700 hPa (links) und in der Temperatur (in K pro 100 Einheiten des F10,7 cm Radioflusses) in 850 hPa (rechts). Helle (dunkle) Schattierung bezeichnet statistische Signifikanz auf dem 95% (99%) Niveau.

Abb.3: Unten

Abb.3: Unten

Autorin

Professor Dr. Ulrike Langematz
Institut für Meteorologie,
Freie Universität Berlin