Hilfestellungen für die Anwendbarkeit in der Impaktmodellierung
Modellfehler
Klimamodelle sind vereinfachte Abbildungen der Realität. Sie sind in der Lage großräumige Prozesse in der Atmosphäre näherungsweise zu beschreiben. Kleinräumige Prozesse, in der Größenordnung kleiner als etwa vier Gitterboxen, können nur über Näherungsverfahren (Fachterminus: Parametrisierungen) erfasst werden. Die Kombination aus gar nicht oder nur näherungsweise beschriebenen Prozessen mit weiteren Modellfehlern kann zu systematischen Fehlern in der Beschreibung des regionalen Klimas führen. Hierbei müssen zwei Ursachen unterschieden werden.
- Fehler und Vereinfachungen des regionalen Klimamodells (RCM): Um diese abzuschätzen werden mit RCMs Modellrechnungen durchgeführt, bei denen das antreibende globale Klimamodell (GCM) durch Reanalysedaten ersetzt wird; solche Quasi-Beobachtungsdaten haben vergleichsweise kleine Fehler, so dass die verbleibenden Fehler weitgehend dem RCM zugeschrieben werden können.
- Fehler und Vereinfachungen des globalen Klimamodells: Auch GCMs weisen systematische Fehler auf, daher sind die Fehler eines mit einem RCM erstellten Klimaszenarios die Kombination aus den Fehlern des GCM und RCM. Es können sowohl im reinen RCM Fehler, als auch im kombinierten GCM-RCM Fehler z.B. für die Temperatur systematische Abweichungen von einigen Grad Celsius oder beim Niederschlag Differenzen von etwa 50% in der Summe, auftreten (z.B., Jacob et al. [2007]; Suklitsch et al. [2011]).
Wenn nun die Folgen des Klimawandels mit Hilfe von Wirkmodellen untersucht werden, liefern RCM üblicherweise die meteorologischen Eingangsdaten. Dort können derartige systematische Fehler zu falschen Schlussfolgerungen über die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels führen.
Beobachtungen
Für die Berechnung eines systematischen Fehlers ist ein definierter Bezugspunkt notwendig. Dazu dienen Messungen an meteorologischen Stationen und Messungen mittels Fernerkundungsverfahren. Hier ist es wichtig, anzumerken, dass Daten dieser beiden Quellen ebenfalls fehlerbehaftet sein können, weswegen es exakter ist von Abweichungen zwischen Modell und Beobachtung und nicht von reinen Modellfehlern zu sprechen. Die meisten Messungen sind zudem nur für eine Messstation repräsentativ und nicht für eine große Gitterbox; dies gilt insbesondere für Niederschlag, der auf kleinen Entfernungen stark variieren kann. Die Übertragung von solchen Stationsmessungen in eine den Modellen entsprechende Gitterboxstruktur ist ebenfalls fehleranfällig.
Allgemeines zu Bias Korrektur
Mit dem Vorhandensein von Messungen als Beschreibung der beobachteten Realität können die Art und Größe der systematischen Abweichungen bestimmt werden. Diese Information dient als Grundlage aller empirisch-statistischer Fehlerkorrekturverfahren (kurz: „Bias Korrektur“). Korrekturen werden nachträglich auf die vom Modell erzeugten Ergebnisse aufgeprägt. Dies sollte, wenn möglich, auf der Basis von mindestens 30-jährigen Zeitreihen geschehen, da kürzere Zeitreihen stark von Klimavariabilität beeinflusst sind. Verschiedenen Ansätze zur Bias Korrektur sind in z.B. Maraun et al. [2010], Hagemann et al. [2011] und Themessl et al. [2011] und Maraun [2016] im Detail beschrieben.
Methoden der Bias Korrektur
Einfache Bias Korrektur Verfahren bestehen darin systematische Abweichungen additiv (z.B. Temperatur) oder multiplikativ (z.B. Niederschlag) zu korrigieren [z.B. Déqué, 2007]. Ein alternativer Ansatz ist der Vergleich von Rangfolgen in den Beobachtungs- und Modell-Datensätzen. In den letzten Jahren wurden auf dieser Basis Methoden entwickelt die auf eine Angleichung der modellierten und beobachteten empirischen kumulativen Dichtefunktion abzielen (Fachterminus „Quantile Mapping“, QM), was im Vergleich zu anderen Methoden sehr leistungsfähig ist (Themeßl et al., 2011). QM stellt daher eine in letzter Zeit verbreitet eingesetzte Korrekturmethode dar, einige Anwendungen sind in den Arbeiten von Déqué [2007], Piani et al. [2010], Themeßl et al., [2011; 2012], Dosio und Parulo [2011] und Piani und Haerter [2012] beschrieben. Typischerweise ist es möglich, mit Hilfe von QM Fehler in den Mittelwerten sehr stark zu verringern. Darüber hinaus korrigiert QM nicht nur Mittelwerte, sondern auch die Variabilität von Tages-Zeitreihen und die Form von Häufigkeitsverteilungen. QM ist sehr flexibel und kann nicht nur für Temperatur und Niederschlag, sondern auch für andere meteorologische Elemente wie Globalstrahlung, Windgeschwindigkeit oder relative Feuchte eingesetzt werden [Wilcke et al, 2013]. Biaskorrektur hat jedoch nur Sinn, wenn die vom RCM simulierte Größe einen starken Zusammenhang mit der gemessenen Größe hat.
Die in der Literatur beschrieben und genutzten Methoden sind vielfältig. Dabei ist es elementar, dass die von den Arbeitsgruppen durchgeführten Biaskorrekturen bezüglich ihrer Annahmen und Implementierung gut dokumentiert werden. Eine spezielle Methodik mag für einen spezifischen Anwendungsbereich sehr erfolgreich sein, für einen anderen aber ungeeignet. Es gilt also auch bei Bias Korrektur die Maßgabe, erst zu prüfen, welche Eignung die gewählte Methodik für das eigene Anwendungsgebiet hat. Hierzu soll der vorliegende Text beitragen. Ergänzende kritische Hinweise sind zum Beispiel in Ehret et al. [2012] und Maraun [2013] zu finden. Ein Vergleich von QM-Methoden aus der Sicht von Anwendern geben Gudmundsson et al. [2012].
Einschränkungen
Eine fundamentale Annahme bei der Anwendung von Bias Korrektur ist die zeitliche Stationarität der Charakteristik der Modellfehler. Diese Stationarität ist aufgrund der Klimavariabilität eingeschränkt und es ist selbst bei langen Zeitreihen ist nicht immer eindeutig klar, ob eine Differenz zwischen Modell und Wirklichkeit ein echter Fehler ist, oder nur eine Folge der Klimavariabilität. Dies gilt vor allem für Niederschläge in ariden Gegenden [Maraun, 2012]. Diese Einschränkung begrenzt den Korrekturerfolg deutlich, insbesondere wenn die Korrektur auf weit in der Zukunft liegende Perioden angewendet wird. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Biaskorrektur selbst für Simulationen der relativ fernen Zukunft am Ende des 21. Jahrhunderts erfolgreich sein kann [Maraun, 2012], dies allerdings in geringerem Maße als bei Simulationen des gegenwärtigen Klimas oder solche der nahen Zukunft. Generell ist zu sagen, dass für Bias Korrektur bezüglich der zeitlichen Stationarität ähnliche Einschränkungen gelten wie für statistische Klimamodelle.
Siehe Kapitel "Statistische Methoden in der Regionalen Klimamodellierung"
Meist wird Bias Korrektur für jedes meteorologische Element einzeln durchgeführt, was zu physikalischen Inkonsistenzen führen kann. Wird etwa lediglich die Temperatur geändert, würde bei Beibehaltung der Werte der relativen Feuchte eine Änderung des Wassergehalts in der Atmosphäre erfolgen. Insofern ist es in vielen Anwendungen nicht ratsam korrigierte und nicht korrigierte Werte zu mischen oder die Beziehungen zwischen verschiedenen meteorologischen Elementen durch Bias Korrektur stark zu stören.
Des Weiteren ist eine einfache Biaskorrektur weder Energie- noch Masse-erhaltend. Wenn etwa die Niederschlagssumme im Rahmen der Biaskorrektur um 30% reduziert würde, so käme das einer Entnahme von Wasser aus dem System gleich. Dem RCM ist aber während seines Laufs diese Reduktion nicht bekannt. Grobe systematische Fehler von Globalmodellen, wie zum Beispiel eine Verschiebung der Westwindzone, lassen sich aber im Allgemeinen nicht sinnvoll durch Biaskorrektur beheben. Bias Korrektur kann in diesem Fall zu Inkonsistenzen führen [Eden et al., 2012]. Im Moment ist noch nicht erforscht, welche Folgen so eine Biaskorrektur haben kann.
Klimamodelle simulieren für eine Gitterbox Flächenmittelwerte. Ein RCM Niederschlagswert kann also verschiedene Niederschlagsmuster innerhalb der Gitterbox repräsentieren. Dieses Zufallselement kann durch QM und andere Biaskorrekturmethoden nicht erzeugt werden – nur systematische Fehler können korrigiert werden. Wird QM zum Downscaling von Niederschlag von einer RCM Gitterbox auf eine Messstation angewendet, werden daher flächenaggregierte Extremereignisse und Trockentage überschätzt [Maraun, 2013]. Als mögliche Lösung schlagen Wong et al. [2014] eine stochastische Biaskorrektur vor.
Einfluss auf das Klimaänderungssignal
Untersuchungen wie die von Christensen et al. [2008] zeigen, dass der Bias von der meteorologischen Situation abhängig ist und Biaskorrektur Einfluss auf das Trendverhalten haben kann, insbesondere, wenn die Korrekturen Wertebereich-spezifisch erfolgen. Das kann sowohl zu mäßiger Vergrößerung als auch zu Verringerung von Klimaänderungssignalen führen [Boberg et al., 2012; Dosio et al., 2012]. Maraun [2013] zeigt, dass im Falle der Anwendung von QM als Regionalisierungswerkzeug Trends verfälscht werden können. Generell müssen zwei Fälle unterschieden werden: Besteht Vertrauen in das vom Klimamodell simulierte Klimänderungssignal, sollte eine Biaskorrektur durchgeführt werden, die das Klimaänderungssignal nicht beeinflusst. Besteht kein Vertrauen, muss im Einzelfall überprüft werden, ob eine Biaskorrektur dieses Signal möglicherweise verbessert [Gobiet et al., 2015; Maraun et al., 2016; Maraun, 2016]. Sollte dies nicht der Fall sein, ist jedes Resultat vorsichtig zu interpretieren und eventuell durch Expertenwissen einzuordnen.
Abschließende Bemerkungen
Bias Korrektur ist kein abgeschlossenes Forschungsfeld. Es gibt eine Vielzahl an Methoden und den Bedarf einer aktualisierten und erweiterten übersichtsartigen Darstellung der Spezifika, Annahmen, Vor- und Nachteile, wie sie etwa in Themeßl et al. [2011] enthalten ist. Aktuelle vielversprechende Weiterentwicklungen umfassen multivariate Methoden, den Übergang von deterministischen zu stochastischen Methoden [Wong et al., 2014] und prozess-basierte Methoden [Walton et al., 2015].
Dr. Andreas Gobiet
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Wien
Dr. Frank Kreienkamp
ehemals: Climate & Environment Consulting (CEC), Potsdam
Prof. Dr. Douglas Maraun
Wegener Center for Climate and Global Change, Graz
Arne Spekat
Climate & Environment Consulting Potsdam GmbH
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