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04.03.2013

Klimawandel in Norddeutschland Wie wirkt sich der Klimawandel in Norddeutschland aus? Erfahren sie mehr über die regionale Ausprägung des Klimawandels und die Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen und Bevölkerung.

Klimafolgen für die Landwirtschaft in Norddeutschland

In Deutschland werden etwa 52% der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt. In Schleswig-Holstein haben Landwirtschaftsflächen mit rund 70% bundesweit den größten Anteil, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern, wo landwirtschaftliche Nutzflächen einen Anteil von 63% an der Gesamtfläche haben (Statistisches Jahrbuch 2012).

Bisherige Auswirkungen des Klimawandels lassen sich vor allem im Obstanbau erkennen. Der bisher beobachtete Temperaturanstieg hat bereits zu einem deutlich früheren Blühbeginn der Obstgehölze geführt. Abbildung 16 zeigt den Beginn der Apfelblüte im Alten Land in Tagen nach Jahresbeginn. Es zeigt sich, dass die Obstgehölze heute um wenigstens zwei Wochen früher blühen, verglichen zu den 1970er Jahren, im Extremfall sogar bis zu drei Wochen. Der zeitigere Beginn der Baumblüte kann die Gefahr von Spätfrostschäden erhöhen. Eine einzige strenge Frostnacht kann im Extremfall den Ertrag eines ganzen Jahres nahezu vernichten.

Auch zukünftig könnten eine verlängerte Vegetationsperiode und steigende Temperaturen den Anbau neuer, spät reifender Apfelsorten (zum Beispiel „Braeburn“) zunehmend verbessern. Über viele Jahre etablierte Sorten wie der „Holsteiner Cox“ werden vermutlich verdrängt, da diese Apfelsorte bei höheren Temperaturen weniger gut gedeihen. (Chmielewski 2011).

Abb. 16: Beginn der Apfelblüte (FLMA) für verschiedene Sorten im Alten Land, 1976-2005, TnJB: Tage nach Jahresbeginn, nach Chmielewski et al. 2009 (aus: Chmielewski 2011)

Abb. 16: Beginn der Apfelblüte (FLMA) für verschiedene Sorten im Alten Land, 1976-2005, TnJB: Tage nach Jahresbeginn, nach Chmielewski et al. 2009 (aus: Chmielewski 2011)

Anpassungsmaßnahmen werden auch hinsichtlich der Schädlingsbekämpfung notwendig, beispielsweise wenn in Obstanbaugebieten künftig mehr als eine Generation des Apfelwicklers im Jahr auftritt. Der Apfelwickler ist ein Schmetterling aus der Familie der Wickler, dessen Raupen zu den Schädlingen im Obstbau zählen. Je nach betrachtetem Klimaszenario könnte es temperaturbedingt bereits Ende dieses Jahrhunderts zur Ausbildung einer partiellen zweiten Generation des Schädlings im Jahr kommen. Insgesamt wird eine Anpassung des Obstbaus an den Klimawandel als notwendig und effizient erachtet, so dass hierdurch letztendlich Kosten eingespart werden könnten (Chmielewski 2011).

Insgesamt stellen die in einigen Teilen Norddeutschlands im Vergleich zum Bundesdurchschnitt niedrigeren Temperaturen und die gute Niederschlagsversorgung eine gute Ausgangslage für den Pflanzenbau dar, so dass die Auswirkungen der möglichen Klimaänderungen in dieser Region vergleichsweise geringer ausfallen könnten. Die Anbaubedingungen könnten sich zunächst sogar verbessern. Eine längere thermische Vegetationsperiode kann zum Beispiel den Anbau anderer Sorten bzw. Kulturarten möglich machen. Nutzpflanzen mit einer relativ langen Vegetationszeit wie Zuckerrüben oder Körnermais können dann auch vermehrt in nördlichen Regionen angebaut werden.

Insgesamt ist die Auswirkung der Erwärmung auf landwirtschaftliche Nutzpflanzen jedoch nur abzuschätzen, indem das thermische Wachstumsoptimum der jeweiligen Pflanze berücksichtigt wird. Wird dieses überschritten, nimmt die Photosyntheserate der Pflanzen ab. Kommt es während der Wachstumsperiode zu Hitzestress, kann dies zu gravierenden Ertragseinbußen führen (Chmielewski 2011). Sommerliche Trockenheit in der Wachstumsphase beeinträchtigt die Nährstoffaufnahme der Pflanze. Ausgetrocknete Böden können zudem leichter abgetragen werden. Zunehmende Winterniederschläge könnten sich im Pflanzenbau u. a. durch Staunässe sowie Auswaschungs- und Erosionsprozesse negativ auf den Ertrag auswirken (Chmielewski 2011).

Autoren
Portrait Insa Meinke
Dr. Insa Meinke
Norddeutsches Klimabüro
am Institut für Küstenforschung
des Helmholtz-Zentrums Geesthacht
Portrait Jessica Kleppgen 1
Jessica Klepgen
Norddeutsches Klimabüro
am Institut für Küstenforschung
des Helmholtz-Zentrums Geesthacht