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15.07.2021

Klimawandel in Norddeutschland Wie reagiert die Gesellschaft in Norddeutschland auf den Klimawandel?

Technischer Klimaschutz am Beispiel Hamburgs

Die beste Option zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen sind der Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Am effizientesten ist dabei die Energieversorgung direkt benachbarter Regionen. Bei vorübergehend geringem Angebot an erneuerbaren Energien sollte das Energiedefizit nicht durch emissionsintensive Kraftwerke gedeckt werden.

© Michael Fritz

© Michael Fritz

In der Energieversorgung ist es für Hamburg als Stadtstaat schwer, sich im Ausbau regenerativer Energieerzeugung mit Flächenstaaten gleichzustellen. Aufgrund der Flächenknappheit wird Hamburg immer vom Stromimport und vom Ausbau der regenerativen Erzeugungskapazitäten in den benachbarten Bundesländern abhängig sein. Obwohl Hamburg als bedeuten­der Standort der Windindustrie gilt, ist hier die installierte Leistung der solaren Strahlungsenergie höher. Die erneuerba­ren Energieträger Wind, Solar und Biomasse sind in den letzten Jahren weiter ausgebaut worden und es sind jeweils Ausbau­potenziale vorhanden. Jedoch kann selbst bei kompletter Ausschöpfung dieser Potenziale der Energiebedarf Hamburgs nicht gedeckt werden.

Durch den im Jahr 2005 eingeführten CO2­-Zertifikatehandel sind auch Kraftwerksplaner gezwungen, vermehrt auf den Wirkungsgrad zu achten, da ein hoher Anstieg der Zertifikats­preise erwartet wird. Der CO2­-Ausstoß variiert je nach Brenn­stoff und Art des Kraftwerks deutlich (z. B. 1142 g/kWhel bei Braunkohlekraftwerken und 5 g/kWhel bei Erdgas-­Blockheiz­kraftwerken). Um diesen zu reduzieren, wird die Abspaltung in Verbindung mit der Speicherung von CO2, die sogenannte CO2­-Sequestrierung oder CCS („carbon capture and storage“), diskutiert. Zwar wird eine Abscheidungsrate von bis zu 90 % erreicht, sie ist jedoch sehr energieintensiv und führt somit zu Wirkungsgradeinbußen von 5–12 %. Zudem steigen die Investi­tionskosten der Anlagen mit CCS-Technologie etwa um das Doppelte. Die Speicherung des abgespalteten CO2 in den tiefen Sedimentschichten konkurriert mit anderen Nutzungsformen wie Erdwärme oder Fracking und gilt wegen der möglichen bodennahen Ablagerung von entweichendem Gas als nicht risikoarm.

Auch Fracking wurde im Hamburger Raum untersucht und diskutiert. So erhielt eine Tochterfirma von ExxonMobil die Erlaubnis, in Teilen von Bergedorf, Allermöhe, Wilhelmsburg und Harburg nach potenziellen Förderstellen zu suchen, auch wenn die Möglichkeit einer tatsächlichen Förderung vonseiten der Politik stets verneint wurde.

Potenziale zur Emissionsreduzierung bestehen in der Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades der Energieträger. Somit kann mit weniger Brennstoff eine höhere Menge Energie gewonnen werden. Zudem hat Hamburg in der Wärmeversorgung mit einem sehr gut ausgebauten Fernwärmenetz noch großes Potenzial, den regenerativen Anteil zu erhöhen. Die Erfor­schung und Entwicklung neuer Technologien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen ist ein wichtiger Beitrag Hamburgs zur Energiewende.

In der Mobilität werden in Hamburg seit einigen Jahren im ÖPNV innovative Konzepte entwickelt. Bei den Bussen hat Hamburg das erklärte Ziel, ab 2020 nur noch solche mit emissionsfreien Antrieben anzuschaffen. Bei den U­-Bahnen gibt es keine alternativen Antriebe. Neue Bahnen haben jedoch durch Leichtbauweise erheblich weniger Gewicht und benöti­gen daher weniger Energie. Beim Bremsen speisen neue Bahnen Energie zurück ins Stromnetz.

Die Hamburger S­-Bahn fährt seit 2010 ausschließlich mit zertifiziertem Ökostrom. Zudem ist ein flächendeckender Ausbau der Ladeinfrastruktur angestrebt, mit dem Hamburg als Stadt die Elektromobilität fördern will. Das Laden der Fahrzeuge erfolgt ausschließlich über zertifizierten Grünstrom und wird über eine zentrale IT­-Plattform von der Stromnetz Hamburg GmbH gesteuert und koordiniert. Im Jahr 2015 wurden zudem separate Kennzeichen für Elektroautos eingeführt, die damit seit dem 01.11.2015 von der Parkgebührenpflicht im gesamten Stadtgebiet befreit sind. Der ÖPNV wird durch verschiedene Sharing­-Angebote ergänzt, um den Individualverkehr ressour­censchonender zu gestalten.

Bei der Schiff­- und Luftfahrt ist der Umstieg auf nichtfossile Energieträger deutlich schwieriger. Es sind zwar erste Schritte in Richtung einer regenerativen Land­- bzw. Bodenstromversor­gung unternommen worden, jedoch sind in diesen Bereichen die Potenziale noch bei Weitem nicht ausgeschöpft.