Ansätze zur Kohlendioxidentnahme

Unter dem Begriff Climate Engineering werden prinzipiell zwei sehr unterschiedliche Gruppen von Ansätzen zusammengefasst. Ansätze zum Strahlungsmanagement (siehe hier: https://www.klimanavigator.eu/themenportal/104161/index.php) und Ansätze zur Kohlendioxidentnahme.

Bild: narawit / stock.adobe.com

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    Die zweite große Gruppe potenzieller Maßnahmen setzt darauf, das wichtigste Treibhausgas, das Kohlendioxid (CO2), aus der Atmosphäre zu entfernen und für lange Zeit zu speichern und dem System zu entziehen. Diese Methoden werden mit dem übergeordneten Begriff Carbon Dioxide Removal (CDR, auf Deutsch auch Kohlendioxidentnahme) bezeichnet. In den letzten Jahren findet sich hier auch vermehrt die Bezeichnung Negative Emission Technologies (NETs). Dazu gibt es Verfahren sowohl im terrestrischen als auch im ozeanischen Bereich.

      Terrestrische Verfahren

      Bild: Fesus Robert

      Bild: Fesus Robert

      Die Photosynthese der Pflanzen entnimmt CO2 aus der Atmosphäre und bindet Kohlenstoff in der pflanzlichen Biomasse. Großflächiges Aufforsten von Wäldern bzw. die Anlage von Biomasseplantagen senkt daher die CO2-Konzentration der Atmosphäre. Über die Nahrungskette gelangt der Kohlenstoff in andere Komponenten der Ökosysteme. Bei der Zersetzung der Biomasse oder z.B. bei der Verbrennung wird das CO2 wieder freigesetzt. Um einen merkbaren Effekt zu erzielen, müsste massiv aufgeforstet werden.

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        Bild: Michael Hieber

        Bild: Michael Hieber

        Die BECCS (Bioenergy und Carbon Capture and Storage, CCS)-Methode setzt auf den Anbau schnell wachsender Pflanzen (z.B. Pappeln, Weiden, Eukalyptus und Chinaschilf), die der Atmosphäre durch ihre Photosynthese CO2 entziehen und in kurzer Zeit viel Biomasse produzieren. Die Pflanzen werden in Biomasse-Kraftwerken zur Energieerzeugung verbrannt und das frei werdende Kohlendioxid wird langfristig gespeichert. So wird der Atmosphäre nicht nur das Treibhausgas entzogen, sondern auch Energie gewonnen. Aufgrund des großen Flächenbedarfs und auch Wasser- und Düngerbedarfs besteht allerdings ein Landnutzungs-konflikt mit dem Anbau von Nahrungspflanzen und anderen Nutzungen.

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          Bild: shotbydave

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          Veränderte Agrarpraktiken können generell zur Verbesserung der Kohlenstoffaufnahme in Böden beitragen. Über die Photosynthese wird Kohlenstoff aus der Atmosphäre entnommen und (kurz-/ mittelfristig) in der organischen Substanz (Pflanzen, Böden) der Agrarflächen gebunden. Organische Substanzen verbessern die Bodenfruchtbarkeit (Nährstoffspeicherung und Wasserspeicher-kapazität) und tragen damit zum stärkeren Pflanzenwachstum bei.

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            Fire_1873_CC BY-SA 3.0

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            Zur Herstellung von „Pflanzenkohle“ werden Pflanzen oder Bioabfälle, wie Erntereste, Grünschnitt, Viehmist, Gülle oder Klärschlamm, durch Pyrolyse (thermochemische Spaltung organischer Verbindungen unter Sauerstoffausschluss) in eine feste kohleartige Substanz umgewandelt. Die Pflanzenkohle kann zur langfristigen Bindung z.B. in Ackerböden eingearbeitet werden und die Bodeneigenschaften verbessern. Als Nebenprodukt der Pyrolyse entstehen Bioöl und Biogas.

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              Weathered_limestone_cores_max.kit / CC BY-SA 4.0

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              Kohlendioxid kann durch die Verwitterung von gezielt ausgebrachtem Karbonat- und Silikatgesteinspulver gebunden werden. Auf verarmten, stark verwitterten, sauren Ackerböden (z.B. in den Tropen) kann neben der Bindung von CO2 auch eine Verbesserung der Boden-eigenschaften erreicht werden. Die Düngung von Äckern mit Gesteinspulver (z.B. Basaltmehl) wird bereits lange praktiziert. Um eine relevante Kohlenstoffbindung zu erreichen, sind allerdings erhebliche Mengen an Gesteinsmehl und sehr große Flächen nötig.

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                CO<sub>2</sub>-Abscheideanlage-Membrantechnologie im Helmholtz-Zentrum Hereon - Blick auf den Container mit der Pilotanlage zur CO<sub>2</sub>-Abtrennung; Bild: Torsten Brinkmann

                CO2-Abscheideanlage-Membrantechnologie im Helmholtz-Zentrum Hereon - Blick auf den Container mit der Pilotanlage zur CO2-Abtrennung; Bild: Torsten Brinkmann

                Mittels Direct-Air-Capture and Carbon Storage (DACCS) wird CO2 mit technischen Systemen über spezielle Bindemittel direkt aus der Luft herausgefiltert. Um das abgeschiedene und verflüssigte CO2 langfristig zu binden, schließt sich die geologische Einlagerung (Carbon Capture and Storage – CCS) oder eine weitere Verwendung (Carbon Capture and Usage – CCU) an.

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                  Carbon_sequestration-2009-10-07.svg_LeJean Hardin and Jamie Payne_CC BY-SA 3.0

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                  Carbon Capture and Storage (CCS) bedeutet die Speicherung von (z.B. mittels der oben genannten Verfahren BECCS, DACCS) abgeschiedenem Kohlendioxid im geologischen Untergrund. Die Speicherung ist in ausgebeuteten Gas- oder Erdöllagerstätten, in salinen Aquiferen (Gesteinsformationen, die Sole enthalten) oder im Meeresuntergrund möglich. Dort soll es dann vollständig und dauerhaft bleiben. Der hohe zusätzliche Energieaufwand, schädliche Wirkungen möglicher Leckagen und eventuelle Nutzungskonflikte werden als Risiken diskutiert.

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                    Schematischer Überblick zur Nutzung von Kohlenstoff und möglichen Quellen / UBA: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/carbon-capture-utilization-ccu#Hintergrund

                    Schematischer Überblick zur Nutzung von Kohlenstoff und möglichen Quellen / UBA: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/carbon-capture-utilization-ccu#Hintergrund

                    Carbon Capture and Utilization (CCU, deutsch: CO2-Abscheidung und Verwendung), auch Carbon Dioxide Utilization (CDU, deutsch: CO2-Nutzung) bezeichnet die Kombination von Abscheidung, Transport und anschließender direkter oder indirekter (rohstofflicher) Nutzung von Kohlenstoffverbindungen (meist CO2). Diese Schritte verbrauchen Energie und/oder Ressourcen und haben ihrerseits Umweltwirkungen.
                    Da der Kohlenstoff nur mehrfach genutzt und nicht dauerhaft gebunden wird, gelangt er schließlich in die Atmosphäre und wirkt auf das Klima ein.

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                      Mineralisation_petrified-wood-g6ac08d282_1920-pixabay

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                      Für die in-situ Karbonisierung (in-situ Mineralisierung) wird CO2 in reaktive Gesteinsformationen injiziert und dort mineralisiert. Eine natürliche Karbonisierung des CO2 findet in größeren Tiefen (ca. 500 m) mit Mineralen statt, die einen hohen Anteil an Magnesium, Kalzium und Eisen enthalten, wie zum Beispiel Basalt. Die in-situ-Mineralisierung erweitert die Möglichkeiten des CCS, da das CO2 nicht nur strukturell (z.B. unter einer undurchlässigen Deckschicht) gespeichert, sondern in Mineralien eingeschlossen und damit immobiler wird. Die In-situ-Mineralisierung ist bisher wenig erforscht.

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                        Ozeanische Verfahren


                        Die Ozeane spielen eine enorme Rolle für die Klimaregulation auf der Erde. Der Kohlendioxid (CO2)-Gehalt der Atmosphäre steht in einem Gleichgewicht mit dem CO2-Gehalt des Wassers der Ozeane. Die Ozeane nehmen zurzeit etwa ein Viertel des durch die Menschen produzierten Kohlendioxids auf. Mit absterbenden Algen und anderen organischen Partikeln sinkt ein großer Teil des Kohlenstoffs im Meer in die Tiefsee ab und wird teilweise sogar in den Sedimenten gespeichert – und damit dem kurzfristigen Kreislauf entzogen.

                          „Red Tide“ in der Deutschen Bucht: Massenblüte von Phytoplankton, das hohe Konzentrationen roter Pigmente (Karotinoide) enthält. Bild: HZG / Hereon

                          „Red Tide“ in der Deutschen Bucht: Massenblüte von Phytoplankton, das hohe Konzentrationen roter Pigmente (Karotinoide) enthält. Bild: HZG / Hereon

                          Wie an Land wird auch in den Ozeanen CO2 durch Photosynthese in der Biomasse gebunden. Das Phytoplankton nimmt bei der Biomasse-erzeugung Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Von den Algen ausgehend wird der Kohlenstoff über das Nahrungsnetz in die Biomasse anderer Komponenten des Ökosystems, z.B. in die vielen Tierarten, eingebaut. Die Produktion ist in weiten Bereichen der Ozeane nährstofflimitiert. Daher wurde die Möglichkeit diskutiert, die Produktivität des Nahrungsnetzes durch Nährstoffdüngung zu erhöhen. Ein Ausbringen des Mikronährstoffstoffs Eisen in das Ozeanwasser („Eisendüngung“) ist nach gegenwärtigem Stand des Wissens zur Bekämpfung des Klimawandels ungeeignet.

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                            Ocean carbon cycle from GRID-Arendal_Ricardo Pravettoni - UNEP_GRID-Arendal, http://www.grida.no/resources/7555

                            Ocean carbon cycle from GRID-Arendal_Ricardo Pravettoni - UNEP_GRID-Arendal, http://www.grida.no/resources/7555

                            Das Konzept der beschleunigten Verwitterung gibt es auch für die Ozeane. Eine künstliche Alkalinisierung des Ozeans (artificial ocean alkalinization, AOA) durch das Einbringen von großen Mengen Gesteinsmehl (und anderen Stoffen) ist daher ein weiterer Ansatz, um die Alkalinität des Meerwassers zu erhöhen, den pH-Wert zu erhöhen und die Aufnahme von weiterem CO2 zu verbessern.

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                              Bild: Martin Hieronymi

                              Bild: Martin Hieronymi

                              In nährstoffarmen Ozeangebieten könnten Nährstoffe aus tieferen Zonen in die belichtete Zone (euphotische Zone) gepumpt werden (künstlich erzeugter Auftrieb), um dort die Photosynthese und damit die CO2-Aufnahme zu verstärken. Das Strömungsmuster natürlicher Auftriebsgebiete, wie vor Namibia oder Peru, soll so in weiteren Meeresregionen mit Hilfe von Rohren und Pumpen künstlich erzeugt und nachgestellt werden.

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                                Carbon_Storage_at_sea_The joy of all things_CC BY-SA 4.0

                                Carbon_Storage_at_sea_The joy of all things_CC BY-SA 4.0

                                Das Wasser zirkuliert in den Ozeanen nur sehr langsam, daher hatten große Wassermengen in der Tiefe seit Beginn der Industrialisierung noch gar keinen Kontakt mit der Atmosphäre, und sind nicht mit dieser im CO2-Gleichgewicht. Um die Aufnahme des atmosphärischen Kohlendioxids künstlich zu beschleunigen, könnte komprimiertes verflüssigtes oder auch verfestigtes CO2 direkt in die Ozeantiefen injiziert werden.