Prävention
Prävention angesichts drohender Klimawandelschäden an und in historischen Gärten und Gebäuden bedeutet neben der Vermeidung bzw. Reduzierung von Schäden im Sinne des Kulturerbeerhalts auch die Vermeidung von Gefahrensituationen für Besucher und Besucherinnen.
Vermeidung von akuten Schadenslagen in historischen Gärten
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Zur Verkehrssicherung in historischen Gärten und Parkanlagen gehören unter anderem die Totholzentfernung und Kroneneinkürzungen. Der Bedarf an solchen Maßnahmen hat sich in Folge der Dürrejahre seit 2018 vervielfacht. Bei akuter Gefährdung der Besucher und Besucherinnen müssen Teilbereiche für den Publikumsverkehr gesperrt werden. Wichtig ist hier die Einbeziehung von Unwetterwarnungen z.B. durch den Deutschen Wetterdienst (DWD).
Früherkennung von potentiellen Risiken in historischen Gärten:
Die Vitalitätserfassung der Gehölze mittels regelmäßiger Drohnenbefliegung erlaubt Aussagen zu Entwicklungstrends sowie die Priorisierung und Lokalisierung von Maßnahmen. Zusätzliche Bodenfeuchtemessungen geben Hinweise auf verfügbares Wasser und helfen bei der Optimierung der Bewässerung. In den ersten Jahren nach der Pflanzung ist es ratsam, die Bewässerung von Gehölzen zu intensivieren, um die Vitalität der Gehölze zu stärken und Resistenz gegenüber Schädlingen, Pilzen etc. zu erhöhen.
Präventive Maßnahmen zum langfristigen Erhalt der historischen Gärten:
Die nachhaltige Instandsetzung der Wege, d. h. Aufbau und Materialauswahl, müssen an die veränderten Anforderungen angepasst werden – bspw. werden Wegeabschnitte mit starker Steigung gepflastert, bei Instandsetzung werden teilweise stabilere Tragschichten eingebaut. Entwässerungssysteme wie Ablaufrinnen sollten ertüchtigt und Entwässerungsschächte ergänzt werden, um Starkregenereignisse besser abzufangen.
Zum langfristigen Erhalt des Gehölzbestandes ist die gezielte Aufforstung mit Gehölzen aus eigener Anzucht (Eigenwerbung) erfolgversprechend, die an die klimatischen Bedingungen sowie die lokalen Bodenverhältnisse und weitere Standortbedingungen bereits angepasst sind. Ergänzend können Sämlinge aus lokalem Saatgut gezogen oder regionale Forstbaumschulware verwendet werden.
Für Versuche mit klimaresilienteren Sorten (z. B. Quercus Cerris) gilt grundsätzlich: möglichst kleine Qualitäten, die Herkünfte spielen eine entscheidende Rolle. Es sollte weniger “klassische” Baumschulware verwendet werden, da diese unter optimierten Bedingungen angezogen wird und beim Auspflanzen große Anpassungsschwierigkeiten zeigt. Für den Erhalt bereits geschwächter Altbäume kann die Animpfung mit Huminstoffen sinnvoll sein.
Vermeidung von akuten Schadenslagen an/in baulichen Kulturgütern
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Für die Vermeidung akuter Schadenslagen ist eine abgeschlossene Notfallplanung innerhalb einzelner Einrichtungen sehr effektiv. Diese sollte unbedingt in Abstimmung mit zuständigen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (Polizei, Katastrophenschutz, Rettungsdienste, etc.) erfolgen. Deplatzierung oder Ertüchtigungsmaßnahmen defekter Bauteile und regelmäßige Kontroll- und Wartungsarbeiten aller baulichen Anlagen sind Voraussetzung für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit, andernfalls muss die Begehbarkeit eingeschränkt werden.
Früherkennung von potentiellen Risiken an/ in baulichen Kulturgütern:
Für die Früherkennung von Risiken ist eine regelmäßige Kontrolle der Funktions- und Tragfähigkeit von Einzelbauteilen sowie des Gesamtsystems notwendig. Bestands- und Zustandskartierung sowie Schadensaufnahme sollten dabei Teil des Prozesses sein. Ein langfristiges Klimamonitoring zur Erfassung der Gegebenheiten und Einflussnahme durch klimatische Ereignisse auf historische Gebäude bzw. Innenräume und die hygrothermische Simulation konkreter klimatischer Situationen mit negativer Einwirkung auf das Kulturgut helfen bei der Beurteilung des Risikos.
Präventive Maßnahmen zum langfristigen Erhalt historischer Gebäude:
Präventiv sind bauliche Schutzmaßnahmen wie die Überdeckungen, Dachüberstände und intakte Wasserabführungen sowie die Ertüchtigung charakteristischer Schwachstellen (Tür- und Fensteröffnungen, erdberührte Bauelemente, Temperierungssystem in Anschluss-/ Sockelbereichen) zu empfehlen. Dabei sollte auf eine materialgerechte Verbauung (z.B. vulnerable Materialien außerhalb von Feuchtezonen wie Sockelbereiche, Putzüberdeckungen/ Beschichtung anfälliger Baustoffe) und eine regelmäßige Wartung geachtet werden.
Präventive Maßnahmen zur Stabilisierung des Innenraumklimas (ganzheitlicher Ansatz):
Indirekte Maßnahmen: Ertüchtigung des Gebäudevolumens (Dämmung der Gebäudehülle, Luftdichtheit, Frostschutz, UV-/ Lichtschutz), Nutzungsanpassung und Regulierung des Besucherverkehrs in öffentlichen Gebäuden, Simulation (Dimensionierung der Anlagentechnik, Wärmebrückenbetrachtung, Schimmelpilzbewertung)
Direkte Maßnahmen: individuelle Risikobewertung von Objekten, Regulierung der Raumlufttemperatur/ -feuchtigkeit mithilfe von Be- und Entfeuchtung (Lüftungsanlage), Kühlung (Klimatisierungsanlage), Conservation Heating (Feuchtigkeitskontrolle durch Heizung), Einrichten von Klimakammern, etc..
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