Klima in Norddeutschland, bisherige Entwicklung und mögliche Änderungen bis 2100
Mit Beginn der Industrialisierung hat sich das Klima weltweit geändert. Auch in Norddeutschland lässt sich die Klimaänderung anhand von Messdaten nachvollziehen. Regionale Klimaszenarien zeigen, dass durch eine weltweite Verminderung der Treibhausgasemissionen auch in Norddeutschland die künftige Erwärmung auf etwa 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden kann. Werden Treibhausgase jedoch weiterhin im selben Maße wie bisher emittiert, ist mit einer beschleunigten Erwärmung zu rechnen, die bis Ende des Jahrhunderts in Norddeutschland etwa 5 °C erreichen kann.
© Meinke
Das Klima in Norddeutschland wird stark durch die Nähe zum Atlantik geprägt. Kennzeichnend sind mäßig warme Sommer und vergleichsweise milde Winter, die jedoch durch häufige starke Winde oft trotzdem als rau empfunden werden. Innerhalb Norddeutschlands ist es in der Deutschen Bucht am wärmsten. In Richtung Südosten nimmt die Jahresmitteltemperatur leicht ab. Jahreszeitliche Temperaturunterschiede sind im Landesinneren größer. So fallen die Sommer hier im Vergleich zur Küste wärmer aus, während die Winter kälter sind.
Auch Niederschlag und Wind sind innerhalb Norddeutschlands und im Jahresverlauf unterschiedlich verteilt. So fällt an der Küste, wie z. B. in Cuxhaven mit 831 mm, deutlich mehr Niederschlag als im Binnenland, wie z. B. in Lüchow mit 557 mm. Im Sommer und zum Teil im Herbst fällt derzeit am meisten Regen. Am wenigsten regnet es im Jahresverlauf im Frühjahr. Im April fällt derzeit an den norddeutschen Messstationen am wenigsten Niederschlag. Auch die Windgeschwindigkeiten nehmen von der Küste hin zum Landesinneren ab. Im jahreszeitlichen Verlauf zeigen die Windmessungen maximale Werte im Winter; am geringsten sind sie im Sommer.
Bereits stattfindende Erwärmung setzt sich künftig fort
Zahlreiche Studien belegen innerhalb des letzten Jahrhunderts eine weltweite Erwärmung, die sich auch in Norddeutschland ausprägt. Im Vergleich zum Referenzzeitraum 1961–1990 hat sich Norddeutschland bis heute um etwa 0,8 °C erwärmt (vgl. Norddeutscher Klimamonitor). Die im Hamburger Klimabericht dokumentierten Studien weisen darauf hin, dass sich die Erwärmung in Norddeutschland in den letzten Jahrzehnten bereits beschleunigt hat.
Quelle: Norddeutscher Klimamonitor
Dabei hat sie sich in allen Jahreszeiten in etwa gleichmäßig vollzogen, außer im Herbst, wo sie bisher etwas weniger stark ausgeprägt ist. Mit der Erwärmung hat sich auch die Häufigkeit von Extremereignissen geändert. Vor allem haben in den Sommermonaten Sommertage (> 25 °C) und heiße Tage (> 30 °C) zugenommen. Im Winter haben hingegen Eis- und Frosttage deutlich abgenommen, wobei letztere auch im Frühjahr deutlich seltener geworden sind. Mit der Erwärmung hat sich auch die thermische Vegetationsperiode deutlich verlängert. Insgesamt ist die Ausdehnung der thermischen Vegetationsperiode hauptsächlich auf eine deutliche Verfrühung des thermischen Vegetationsbeginns zurückzuführen. In diesem Zusammenhang ist vor dem Hintergrund der Spätfrostgefahr der Termin des letzten Frosttages relevant: Dieser hat sich weniger stark verfrüht als der thermische Vegetationsbeginn. Dadurch hat sich die Spätfrostgefahr in den letzten Jahrzehnten verstärkt.
Alle im Hamburger Klimabericht dokumentierten Studien stimmen darin überein, dass sich die bereits stattfindende Erwärmung im Laufe des 21. Jahrhunderts in Norddeutschland weiter fortsetzen wird. Dies zeigen auch die mehr als 120 ausgewerteten regionalen Klimaszenarien des Norddeutschen Klimaatlas.
Quelle: Norddeutscher Klimaatlas
Je nach zukünftigem Treibhausgasausstoß kann sich Norddeutschland bis Ende des 21. Jahrhunderts um etwa 1–5 °C erwärmen. Im optimistischen RCP2.6Szenario, das eine weltweit erfolgreiche Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen voraussetzt, kann zum Ende des Jahrhunderts eine Stabilisierung der Temperaturänderung im Jahresmittel auf etwa 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau erreicht werden. In anderen Szenarien mit höheren Freisetzungen von Treibhausgasen gelingt dies nicht. Vielmehr ist dann mit einer beschleunigten Erwärmung zu rechnen, die bis Ende des Jahrhunderts in der Hamburger Metropolregion und in Norddeutschland bis +5 °C erreichen kann.
Zunehmender Winterniederschlag, längere Trockenperioden
Die Niederschlagsmenge hat sich in Hamburg und Norddeutschland vor allem im Winter erhöht. Trockenperioden dauern im Frühjahr inzwischen länger an als vor einigen Jahrzehnten.
Für die Zukunft ist vor allem in den Wintermonaten weiterhin mit deutlich erhöhten Niederschlagsmengen zu rechnen. Die winterliche Niederschlagszunahme kann bis Ende des 21. Jahrhunderts bis etwa 40 % betragen.
Quelle Norddeutscher Klimaatlas
In den übrigen Jahreszeiten ist die künftige Entwicklung der Niederschlagsmenge unklar; hier weisen die regionalen Klimaszenarien für Norddeutschland Trends mit unterschiedlichen Vorzeichen auf. Größte Änderungen sind in den Sommermonaten zu erwarten. Hier ist in Norddeutschland sowohl eine Niederschlagszunahme von 56 % als auch eine Niederschlagsabnahme von 46 % plausibel.
Trockenperioden können sich auch künftig weiter ausdehnen. Im Sommer könnte sich die Dauer von Trockenperioden bis Ende des Jahrhunderts etwa verdoppeln. Insgesamt ist diese Entwicklung jedoch unklar, da es je nach künftigem Treibhausgasausstoß auch zu leichten Verkürzungen sommerlicher Trockenperioden kommen kann.
Auch Starkniederschläge und regenreiche Tage können in Norddeutschland künftig weiter zunehmen.
Anders als oft behauptet, wurde bisher weder bei der mittleren Windgeschwindigkeit noch bei den Stürmen ein Langzeittrend festgestellt. Eine Sturmsaison bringt heute weder heftigere noch häufigere Stürme hervor als vor 100 Jahren. Einen Nachweis für ganzjährig systematisch stärkere Stürme gibt es bisher nicht. Zwar ist seit den 1960erJahren eine leichte Zunahme von Sturmhäufigkeit und -intensität zu erkennen, diese bewegt sich jedoch im langfristigen Kontext (100 Jahre) im Rahmen natürlicher Schwankungen. Auch die zukünftige Entwicklung der Sturmaktivität ist aus heutiger Sicht unklar. Einige regionale Klimaszenarien weisen auf eine Zunahme der Sturmhäufigkeit und eine Intensivierung der Stürme hin, andere Szenarien lassen eine Entwicklung zu weniger Stürmen mit geringerer Intensität plausibel erscheinen. Die stärksten Änderungen in der Sturmaktivität Norddeutschlands sind bis Ende des 21. Jahrhunderts in den Wintermonaten zu erwarten. In dieser Jahreszeit kann die Sturmintensität bis 10 % zunehmen und die Anzahl der Sturmtage könnte sich nahezu verdoppeln.