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30.04.2013

Klimawandel und Wirtschaft Der Klimawandel wird sich künftig verstärkt auf die Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen auswirken. Wie greift die Wirtschaft den Klimawandel auf?

Fit für die Zukunft? Resilienz als Leitkonzept für Unternehmen in Zeiten des Klimawandels

Einleitung

Aus den Folgen des Klimawandels ergeben sich neue Risiken und Chancen für Unternehmen, die Anpassung erfordern. Unter betrieblicher Klimaanpassung versteht man strategische (z.B. strategische Früherkennung, langfristige Investitionsplanung) und operative Maßnahmen (z.B. bauliche Maßnahmen, Versicherung, Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen), die es Unternehmen ermöglichen, mit den vielgestaltigen Folgen des Klimawandels (z.B. Ernteausfällen infolge von Starkniederschlägen, Unterbrechungen der Lieferketten wegen Hochwasser oder extremen Sturmereignissen) umzugehen.

© pawel.gaul/iStock

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Klimaanpassung sollte jedoch nicht als Flucht aus der Verantwortung für die Verminderung klimaschädlicher Treibhausgasse begriffen werden, sondern als die Bewältigung des nicht mehr vermeidbaren CO2-Anstiegs. Klimaschutz bleibt also oberstes Gebot, auch weil „wir uns an Temperaturerhöhungen über zwei Grad Celsius nicht mehr anpassen werden können. Wir haben das natürliche System schon relativ stark mit Vorbelastungen geladen, die uns einen Anstieg der durchschnittlichen Temperatur in der Welt von 0,8 Grad eingebracht haben“, so der ehemalige Bundesumweltminister und Generaldirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen Prof. Dr. Klaus Töpfer (mündliche Aussage 2009).

Da sich Unternehmen heute mit einer Vielzahl weiterer Risiken (z.B. demographischer Wandel, Wettbewerber aus Billiglohnländern, Cyberangriffe auf die unternehmensinterne IT etc.) befassen müssen, stellt sich die Frage, wie die Folgen des Klimawandels zukünftig angegangen werden können. Denn strategische Entscheider können nicht alle Herausforderungen, denen ihr Unternehmen aktuell und zukünftig gegenübersteht, mit der gleicher Priorität behandeln. Einen interessanten Zugang zu dieser Fragestellung bietet das aus der Ökosystemtheorie stammende Konzept der Resilienz (Holling 1973). Dieses Konzept soll im Folgenden vorgestellt werden.

Das Resilienzkonzept

Der Grundgedanke des Resilienzkonzepts liegt in der Erkenntnis, dass ungewisse Störereignisse (z.B. Einwanderung neuer Schädlingssorten, Ausbleiben von Niederschlag über mehrere Wochen, Vulkanausbruch vermeintlich erloschener Vulkane oder Meteoriteneinschlag) ebenfalls erwartet werden müssen, wie auch bekannte Störereignisse (Hochwasser, extremere Sturmereignisse, Glatteis). Unternehmen können dann als resilient bezeichnet werden, wenn sie ihre Produktion bzw. die Erbringung ihrer Dienstleistungen trotz Einwirken der beispielhaft genannten unerwarteten und erwarteten Ereignisse weiterhin erbringen können (Sheffi 2005; Pedell/Seidenschwarz 2011). Fichter und Stecher (2011) erweitern diese Definition, indem sie sagen, dass ein Unternehmen dann resilient ist, wenn es seine Lieferfähigkeit und seine Zahlungsfähigkeit dauerhaft aufrecht erhalten kann:

  1. Lieferfähigkeit: bezeichnet die Fähigkeit, Produkte bzw. Dienstleistungen zu marktgängigen Preisen und in nachgefragter Qualität fristgerecht zu liefern, denn diese bilden die Grundlage für die Erzielung von Erlösen.
  2. Zahlungsfähigkeit: Damit Unternehmen produzieren bzw. ihre Dienstleistung erstellen können, bedarf es Produktionsmittel (Mitarbeiter, Zulieferprodukte, Investitionsgüter usw.). Die Produktionsmittel können aber nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Anforderungen der „Anspruchsberechtigten“ von Unternehmen wie Mitarbeiter (Löhne und Gehälter), Fremdkapitalgeber (Zinsen), Staat (Steuern) und Anteilseignern (Rendite) berücksichtigt werden. Die Erfüllung dieser Anforderungen setzt jedoch die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen voraus. Ist die Zahlungsfähigkeit nicht gegeben, führt dies in der Regel zur Insolvenz und kann zur Schließung oder Zerteilung von Unternehmen führen.

Resilienz ist dabei als Thema des Risikomanagements und des strategischen Managements von Unternehmen zu konzipieren und nicht allein auf klimawandelbedingte Störereignisse zu beziehen. Mit Blick auf den strategischen und operativen Umgang mit Herausforderungen des Klimawandels gilt es, das Thema in das Risikomanagement, das Innovationsmanagement und das strategische Management zu integrieren und nicht als separates „Klimaanpassungsmanagement“ zu konzipieren, und zwar ist dies aus zwei Gründen sinnvoll und notwendig: Zum Einen haben Unternehmen bereits in der Vergangenheit eine Vielzahl unterschiedlicher, z.T. voneinander abhängiger interner und externer Unsicherheiten, Risiken und Chancen, bewältigen müssen. Fragen des Klimawandels stellen zwar eine neuartige Herausforderung dar, konfrontieren Unternehmen aber nicht erstmalig mit grundlegenden Fragen von Unsicherheit und Risiken. Zum Anderen können gerade die indirekten Wirkungen des Klimawandels, die z.B. in Form staatlicher Regulierungen, marktlicher Veränderungen oder öffentlicher Debatten für Unternehmen erfolgsrelevant werden, in vielfältiger Weise mit anderen marktlichen oder gesellschaftlichen Risiken und Chancen verknüpft werden. Eine Strategie der unternehmerischen Klimaanpassung, die auf Resilienz abzielt, kann daher nur erfolgreich sein, wenn sie ganzheitlich erfolgt.

Merkmale und Gestaltung resilienter Unternehmen

Für die Gestaltung resilienter Unternehmen lassen sich drei wesentliche Elemente identifizieren, die im Folgenden vorgestellt werden und anhand von Beispielen konkretisiert werden (Günther 2009; von Gleich et al. 2010):

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Ob Unternehmen nicht in Krisen geraten oder Krisen erfolgreich bewältigen, hängt von den oben genannten Faktoren ab. Mit den genannten Faktoren können zum Einen Risiken bewältigt werden und zum Anderen unternehmerische Chancen (z.B. Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen) genutzt werden. Nehmen strategische Entscheider das Thema Resilienz ernst, so ist bei der Auswahl von Resilienz steigernden Maßnahmen sicherzustellen, dass die langfristige Sicherheit und die Stabilität anderer Ziele berücksichtigt werden. Beispielweise kann die Resilienz eines Unternehmens kurzfristig erhöht werden, wenn alternative Lieferwege genutzt werden (z.B. Nutzung des Flugzeugs für den Warentransport im Fall von Hochwasserschäden in Transitregionen). Diese vermeintlich Resilienz steigernde Maßnahme würde jedoch auf Kosten des Klima- oder Umweltschutzes gehen, da sich die Treibhausgasemissionen deutlich erhöhen würden. Das heißt, bei der Erhöhung der unternehmerischen Resilienz sollten die Konsequenzen für die Erreichung anderer gesellschaftlicher Zeile (z.B. Natur- und Klimaschutz) berücksichtigt werden. Im Idealfall sollte eine Win-win-Situation eintreten, sodass zwei bzw. mehrere Ziele erreicht werden, ohne ihre Wirkung gegenseitig zu reduzieren. Sollte diese Variante nicht möglich sein, so sollten sich Unternehmen für kurz- bis mittelfristige Maßnahmen entscheiden, die veränderbar und umkehrbar sind sowie ihre Wirkungen bekannt sind (No-regret-Maßnahmen). Auf Maßnahmen mit z.T. unbekannter Wirkung, hohen Investitionskosten und langfristigen, irreversiblen Folgen (High-regret-Maßnahmen) sollten strategische Entscheider in Unternehmen verzichten.

Fazit

Im Zuge des Klimawandels entstehen für Unternehmen neuartige Risiken, die es strategisch und operativ angemessen zu berücksichtigen gilt. Das Resilienzkonzept bietet hierfür einen interessanten Zugang, denn es bietet einen ganzheitlichen Ansatz zur Betrachtung von unternehmerischen Risiken und berücksichtigt zusätzlich Chancen. Unternehmen können sich dann als resilient bezeichnen, wenn sie Fähigkeiten, Strukturen und Ressourcen aufweisen, die sicherstellen, dass sie ihre Dienstleistungen auch unter Klimastress bzw. turbulenten Umgebungen allgemein (z.B. Wirtschaftskrisen, demographischer Wandel, technologischer Fortschritt etc.) aufrecht erhalten können.

Autoren

Tina Schneider
Professur für Innovation und Nachhaltigkeit
Universität Oldenburg

Fichter
Prof. Dr. Klaus Fichter
Professur für Innovation und Nachhaltigkeit
Universität Oldenburg